F. Mendelssohn – Die erste Walpurgisnacht

Die weltliche Kantate Die erste Walpurgisnacht für Soli, Chor und Orchester komponierte
Felix Mendelssohn-Bartholdy im Jahre 1833. Jedoch erfuhr das Werk mehrere Überarbeitungen, bis der
Komponist schliesslich eine zweite endgültige Fassung erstellte.
Basierend auf der gleichnamigen Ballade von Johann Wolfgang von Goethe liess sich der
Komponist zu einer grossangelegten und plastischen Darstellung des Konflikts zwischen einer
alten heidnischen Gemeinschaft und den neuen Bestrebungen der Christianisierung
inspirieren. Es war von Anfang an Goethes Bestreben, seine Ballade von einem Komponisten
vertonen zu lassen. Mendelssohn stand denn auch in brieflichem Kontakt mit dem
Dichterfürsten.
Wir kennen die Walpurgisnacht heute als nächtliches Gelage im Frühling, das auf der mehr
oder weniger fantastischen Vorstellung eines Hexensabbats beruht. In Mythologie und
Geschichte wird sie außerdem eng mit dem Gipfel des Brocken assoziiert, dem höchsten Berg
des Harz (Deutschland). Heutige Konzertbesucher sind sich in der Regel nicht darüber im
Klaren, dass jene Nacht für Goethe, Mendelssohn und deren Zeitgenossen eine vorgegebene
Feier war, die an Jahrhunderte des Unfriedens, der Konflikte, der Mysterien und der Gewalt
gemahnte. Im Wesentlichen geht es um religiöse Intoleranz und die düsteren Grenzen
zwischen dem Natürlichen und dem Übernatürlichen, die Grenzen zwischen Gewissheiten
und dem, was wir nicht wissen können.
Das Werk beginnt mit einer programmatischen Ouvertüre, deren zwei Teile mit «Das
schlechte Wetter» und «Übergang zum Frühling» überschrieben sind. Die Musik gibt mit rein instrumentalen Mitteln die zunächst düstere Atmosphäre des Naturereignisses wieder, um dann im zweiten Teil in eine fröhlichere, aufgeweckte Frühlingsstimmung einzumünden.
Anschliessend folgen die 9 Nummern des Vokalteils. Es beginnt mit ‚Es lacht der Mai’ für
Solotenor und Chor. Diese volksliedhafte, Lebensfreude wiedergebende chorische
Manifestation ist der Kontrapunkt zum bedrohlichen Beginn. Höhepunkt ist der zentrale
Chorsatz (Nummer 4, «Verteilt euch, wackre Männer, hier»), der die Inszenierung des Spuks
zur Absicherung des alten Rituals in aller Dynamik entfalten lässt. Das Werk endet mit einem
melodisch ausgreifenden Hymnus in strahlendem C-Dur.
Die Uraufführung der zweiten, hier verwendeten Fassung, fand im Jahre 1812 unter der
Leitung des Komponisten im Gewandhaus in Leipzig statt. Unter den Zuhörern waren Robert
Schumann und Hector Berlioz, die sich sehr begeistert über das Werk äusserten.

L.v.Beethoven – Missa solemnis, opus 123

Partitur Missa Solemnis

«Von Herzen – möge es wieder – zu Herzen gehen!» – dies steht über dem Autograph von Beethovens Partitur zur Missa solemnis (Bild). Für den Komponisten war seine Arbeit also eine Herzensangelegenheit und so ist das Werk das Ergebnis einer höchst intensiven Beschäftigung Beethovens mit dem Thema Messe überhaupt. Dies ist nicht selbstverständlich, denn der Komponist war kein frommer Kirchgänger und in seinen Briefen äussert er sich teilweise sehr kritisch der katholischen Kirche und ihren Riten gegenüber. Und dennoch hat er zugesagt, als man ihm den Auftrag erteile, für die Inthronisation seines Mäzens und Gönners Erzherzog Rudolf zum Erzbischof von Olmütz eine Messe zu komponieren. Die Feier war auf März 1820 angesetzt und Beethoven unterbrach die Arbeit an all seinen aktuellen Kompositionen, um sich voll und ganz dem neuen Auftrag zu widmen. Doch schon bald kam die Arbeit ins Stocken und das Werk konnte nicht termingerecht vollendet werden. Obwohl in der Folgezeit andere Kompositionen entstanden kam Beethoven immer wieder auf die Messe zurück und arbeitete in unregelmässigen Abständen weiter an der Partitur. Befreit vom zeitlichen Druck des Auftrags und einer konventionellen Aufführung im kirchlich-liturgischen Rahmen entwickelte sich das Werk zu ungeahnter Grösse und Komplexität. Beethoven selber bezeichnete, wohl nicht zuletzt auch aus Werbegründen seinen Verlegern gegenüber, die Messe als sein «grösstes Werk». Doch die Superlativen sind durchaus real: Mit einer Aufführungsdauer von fast anderthalb Stunden und einem, für die damalige Zeit, überaus grossen Orchester, und nicht zuletzt aufgrund der ausserordentlich hohen technischen Anforderungen an Solisten, Chor und Orchester, war an eine kirchliche Aufführung nicht zu denken. So kam es denn auch im nicht katholischen St. Petersburg zur Uraufführung der Missa solemnis durch die dortige Philharmonische Gesellschaft. An einem denkwürdigen Akademie-Konzert im Wiener Kärntnertor-Theater 1824 standen nebst der Uraufführung der Neunten Sinfonie auch einzelne Sätze aus der Missa solemnis auf dem Programm.

Beethoven befasste sich während der Komposition sehr intensiv mit dem Messe-Thema und auch mit der Kirchenmusik seiner Vorfahren, so sind Elemente des gregorianischen Gesangs als auch in kirchentonalen Modi gestaltete Passagen im Werk zu finden. Ebenso ist eine starke Beschäftigung mit der Fugentechnik der barocken Meister wie Händel oder Bach erkennbar. Indem Beethoven diese traditionellen Satztechniken anwendet, sie aber gleichzeitig mit dramatischen, ja opernhaften, Ausdrucksweisen verbindet, entsteht ein durchaus neuartiges Ganzes. Trotz der formalen Loslösung von einem kirchlichen Gebrauch der Messe will Beethoven sowohl bei den Zuhörern als auch den Ausführenden durchaus religiöse, andächtige Gefühle wecken, aber eben in einem übergeordneten menschlichen Sinne, losgelöst von einem Dogma oder gottesdienstähnlichen Rahmen.

Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem

Mit dem deutschen Requiem schuf der 33-jährige Brahms sein umfangreichstes Werk und schaffte damit den Durchbruch in der breiten Öffentlichkeit. Die grosse romantische Komposition beginnt mit den Worten «Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden». – Und eigentlich könnte man diese Worte als Motto über das gesamte Werk setzen. Denn im Gegensatz zu den lateinischen Totenmessen von Mozart oder Verdi folgt Brahms’ Werk weder der katholischen Liturgie noch thematisiert es die Schrecken des Jüngsten Gerichts. Der Musikkritiker Peter Eidenbenz wirft gar die Frage auf, inwiefern es überhaupt ein Requiem sei, und nennt es «ein poetisches Stück mit einem klaren, ethischen Anspruch».

Brahms berührend-menschliches Werk basiert auf Bibeltexten, in denen zärtlicher Trost und der Glaube an die Überwindung des Todes durch das Leben zentral sind.

Dauer: ca. 1h 15 Minuten 

Quellen: Wikipedia, SRF Kultur

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Felix Mendelssohn: Psalm 42 ‹Wie der Hirsch schreit›

Psalmtexte inspirierten Mendelssohn während seines gesamten Schaffens. Nebst A‑cappella-Sätzen hinterliess er fünf grosse Orchesterpsalmen. Eines der schönsten Werke ist zweifellos die Psalmkantate op. 42 für Sopran, gemischten Chor und Orchester aus den Jahren 1837 und 1838. Mendelssohn vertonte darin den Psalm 42 nach Luthers Übersetzung «Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser».
Die Uraufführung der ersten Fassung fand am 1. Januar 1838 im Gewandhaus Leipzig statt. Im Frühjahr des gleichen Jahres folgte die überarbeitete, endgültige Fassung. Die Psalmkantate wurde zu Lebzeiten des Komponisten häufig aufgeführt und auch vom selbstkritischen Mendelssohn als eine seiner besten Kirchenkompositionen eingeschätzt. Robert Schumann bewertete 1837 den 42. Psalm als «die höchste Stufe, die er (Mendelssohn) als Kirchenkomponist, ja die neuere Kirchenmusik überhaupt, erreicht hat».

Dauer: ca. 30 Minuten

Quellen: Wikipedia, SRF Kultur

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J.S. Bach: Weihnachtsoratorium

Das Weihnachtsoratorium BWV 248 ist ein sechsteiliges Oratorium für Soli (SATB), gemischten Chor und Orchester von Johann Sebastian Bach. Die einzelnen Teile wurden erstmals vom Thomanerchor in Leipzig in den sechs Gottesdiensten zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertag 1734 und dem Epiphaniasfest 1735 in der Nikolaikirche und der Thomaskirche aufgeführt.[1] Feierliche Eröffnungs- und Schlusschöre, die Vertonung der neutestamentlichen Weihnachtsgeschichte in den Rezitativen, eingestreute Weihnachtschoräle und Arien der Gesangssolisten prägen das Oratorium. Die sechs Teile werden durch die Freude über die Geburt Christi verbunden. Von der musikalischen Gattung steht das Weihnachts-Oratorium Bachs oratorischen Passionen nahe. Es ist das populärste aller geistlichen Vokalwerke Bachs und zählt zu seinen berühmtesten geistlichen Kompositionen.[2] Das Oratorium wird heute häufig in der Advents- und Weihnachtszeit ganz oder in Teilen aufgeführt.

Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart

KV 626 Fassung Dutron 2016

Als Mozart starb, hinterliess er nur gerade einen einzigen vollständig komponierten Teil seines geheimnisumwobenen Requiems, dazu längere Passagen von Gesangs- und Instrumentalstimmen, verschiedene Melodie-Fragmente und einige Ideenskizzen. Franz Xaver Süssmayr komponierte das Werk danach auf Wunsch von Mozarts Witwe Constanze in der bekannten Form zu Ende. Obwohl das Requiem nicht von Mozart allein komponiert wurde, zählt es bis heute zu seinen bekanntesten und beliebtesten Werken.

Der junge französische Komponist Pierre-Henri Dutron, dessen Fassung Der Gemischte Chor Zürich im Frühling 2019 aufführt, widmete sich dem Studium von Mozarts Manuskript und vertiefte sich intensiv in dessen Art der Instrumentierung. Unterstützt und beraten vom Dirigenten René Jacobs begann er darauf, die von Süssmayr komponierten Passagen zu überarbeiten und deren Instrumentierung im Mozart’schen Sinn zu vervollkommnen. 2017 erschien bei harmonia mundi eine vielbeachtete CD-Aufnahme von Dutrons Fassung mit dem Freiburger Barockorchester unter Leitung von René Jacobs. Alles, was man von Mozart kennt, ist in dieser Fassung vorhanden, in einigen Passagen hat Dutron die Instrumentierung jedoch neu gesetzt. Dutrons Fassung, so schreiben die Kritiker, wirke nicht selten aufgeweckter als die Vorlage, mal klinge die Instrumentierung lichter, mal kompakter, sie verhelfe den Instrumentalisten zu mehr Präsenz und schärfe damit auch das klangliche Profil des Ganzen. Man darf also gespannt sein.

Dauer: ca. 45 Minuten

 

Christus am Ölberge von Ludwig van Beethoven

op. 85

Das einzige Oratorium von Ludwig van Beethoven schildert die Szene im Garten Gethsemane, wo Jesus kurz vor seiner Gefangennahme steht. Er weiss um seinen nahenden Leidensweg und Tod, den er ebenso fürchtet, wie er ihn schicksalsmässig annimmt. Petrus, sein widerstandsbereiter Jünger, will Jesus retten, wird aber zurückgehalten von ihm und belehrt, dass nicht Kampf und Hass die Botschaft Jesu sei, sondern Liebe. – Aus jenseitiger Sphäre begleitet ein Engel das dramatische Geschehen. 

Das Oratorium ist in expressive Orchesterpartien, Rezitative, Arien und Chöre gegliedert und zeigt zuweilen opernhafte Züge. Anders als in den Passionen, gibt es in «Christus am Ölberge» keinen Evangelisten, der durch das Oratorium führt, sondern Christus selbst ist der Protagonist, gezeichnet als Heldentenor zwischen göttlichem Auftrag und menschlicher Angst, was für die damalige Zeit eine unvertraute Sicht war.

Das Werk wurde 1803 uraufgeführt und vom Publikum freundlich aufgenommen, während die Kritiker eher verhalten reagierten. 1804 überarbeitete Beethoven das Werk grundlegend.

Dauer: ca. 50 Minuten

Jephtha

Wie alle seine Kompositionen, schuf Händel auch das Oratorium «Jephtha» in verhältnismässig kurzer Zeit: Im Januar 1751 begonnen, vollendete er das Werk bereits Ende August desselben Jahres. Und dies, nachdem er wegen seiner nachlassenden Sehkraft und anderer äusserer Umstände eine fast viermonatige Arbeitspause hatte einlegen müssen. Unter seiner Leitung wurde «Jephtha» 1752 im Theatre Royal in Covent Garden dann erstmals aufgeführt.

Das Libretto aus der Feder von Reverend Thomas Morell basiert auf der Jephtha-Geschichte aus dem alttestamentlichen Buch Richter. Als charismatischer Heerführer zieht Jephtha in den Kampf gegen die Feinde Israels und gelobt Gott: «Wenn du die Ammoniter wirklich in meine Gewalt gibst und wenn ich wohlbehalten von den Ammonitern zurückkehre, dann soll, was immer mir (als erstes) aus der Tür meines Hauses entgegenkommt, dem Herrn gehören, und ich will es ihm als Brandopfer darbringen.» Als Jephtha siegreich nach Hause zurückkehrt, kommt ihm seine einzige Tochter entgegen, tanzend und voller Freude über den Sieg ihres Vaters. Er aber erstarrt angesichts des Leids, das er mit seinem Gelübde ahnungslos heraufbeschworen hat, zerreisst seine Kleider und gesteht seiner Tochter, was er Gott versprochen hat. Tapfer ist sie bereit, zum Heil des Volkes Israel ihr Schicksal anzunehmen und bedingt sich lediglich die Spanne von zwei Monaten aus, wo sie in die Berge gehen und mit ihren Freundinnen Abschied nehmen will. Nach zwei Monaten kehrt sie zurück zu ihrem Vater. «Und er tat ihr, wie er gelobt hatte, und sie hatte nie einen Mann erkannt.» (Ri 11, 29-40)

Thomas Morell schuf für Händels Oratorium eine Fassung dieser Geschichte mit fünf handelnden Personen: Da sind Jephtha und seine Frau, die gemeinsame Tochter Iphis und deren Verlobter und als fünfte Person Jephthas Bruder. Im dritten Akt, wo sich die Handlung nahezu unerträglich zuspitzt, greift endlich ein Engel ein, der die göttliche Botschaft überbringt, Iphis möge an Leib und Leben verschont bleiben, Gott jedoch für immer als jungfräuliche Priesterin dienen.

Höchst dramatische Elemente prägen damit das Oratorium und erzeugen eine immense psychologische Spannung, die von Händel in hochemotionale Musik umgesetzt wurde: Siegesfreude und Glück kippen unvermittelt um in riesiges Entsetzen und wir Zuhörenden leiden gleichermassen mit Tochter, Vater, Mutter und Verlobtem und sind am Ende zutiefst erleichtert über das himmlische Eingreifen, das die ernsthaft entschiedene Todesbereitschaft einer gerade noch so verspielten, jungen Frau in göttlicher Milde auffängt.

Messa di Gloria von Giacomo Puccini

Der gerade mal 21-jährige Komponist Giacomo Puccini (1858-1924), Spross einer Kirchenmusikerfamilie, hätte es sich wohl kaum träumen lassen, dass seine Abschlussarbeit am Konservatorium dereinst auf breites Interesse stossen würde. Jedenfalls veröffentlichte er das vollständige Manuskript seiner Messe «Messa di Gloria» für Soli, Chor und Orchester nie. Erst 28 Jahre nach seinem Tod begann der Siegeszug dieses Jugendwerks unter dem Namen Messa di Gloria. Ihren Namen verdankt die Messe dem Umstand, dass das Gloria länger ist als alle restlichen Teile zusammen. Opernhaft anmutende Chöre, liedartige Melodieführungen und eine schwungvolle Frische, in der Puccinis Meisterschaft als Opernkomponist bereits zu hören ist, sicherten dem Werk nach seiner Wiederentdeckung 1952 eine stets wachsende Beliebtheit.

Quelle
Stifts-Chor Köln, Judith Rossbach

 

L’elisir d’amore von Gaetano Donizetti

In Kombination zu Puccinis Messa di Gloria erklingen im zweiten Teil des Abends Chöre und Arien aus Donizettis Oper L’elisir d’amore – Der Liebestrank, deren Wärme und Schmelz eine fast ebenso berauschende Wirkung entfalten wie ein Liebestrank. Eine Sprecherin verbindet die einzelnen Teile miteinander, indem sie die Geschichte von Nemorino erzählt, dem Bauern aus L’elisir d’amore, der sich in eine reiche und selbstsichere junge Gutsbesitzerin verliebt. Angesichts eines gut situierten Rivalen wähnt er sich chancenlos und versucht, die Angebetete mit Hilfe eines Liebestranks, eben dem L’elisir d’amore, zu gewinnen, was ihm aber nicht gelingt. Lange verzehrt er sich in unerwiderter Liebe und heuert schliesslich verzweifelt beim Militär an, bereit, selbst den Tod in Kauf zu nehmen. Diese Liebestat bewegt endlich das Herz der Gutsbesitzerin und sie gesteht ihm ihre Liebe, sodass die Oper mit zwei Menschen im Glück endet.

Die Uraufführung von L’elisir d’amore am 12. Mai 1832 wurde zu einem der grössten Erfolge in Donizettis Karriere und zählt heute zu den zwölf meistgespielten Opern.

Quellen
Wikipedia
Der Opernführer (SRF Kultur)

 

Golgotha

Frank Martin schreibt zu seinem Werk: «Golgotha stellte für mich ein einzigartiges Ereignis in meinem Leben als Komponist dar. Der Entschluss zu dieser Komposition entsprang nicht einer bewussten Auswahl wie zum Beispiel der Entschluss, den Cornet von Rilke oder den Sturm von Shakespeare zu vertonen. Alles schien es mir zu verbieten; vor allem ein wahrer Kult, den ich von Kindheit an (und bis auf den heutigen Tag) der Matthäuspassion von J.S. Bach geweiht habe, aber vielleicht noch mehr die Tatsache, dass ich mich unwürdig fühlte, ganz und gar unwürdig, ein solches Thema zu behandeln. Nicht und niemand hatte mich je dazu herausgefordert. Dafür war etwas vonnöten, das ich wie einen Ruf empfand, und diesem Ruf habe ich mich zunächst mit allen Mitteln widersetzt. Doch der Ruf war stärker als mein Widerstand, und ich habe mich an die Arbeit gemacht …» (Frank Martin in einem Brief an Willy Fotsch, Februar 1970)

Frank Martin (1890-1974) gilt als Klassiker der Moderne. Mit seinem Werk Golgotha schuf er eine Passion des 20. Jahrhunderts, bei der es ihm wichtig war, für jede Szene und jede Gefühlsempfindung genau den Ausdruck zu finden, den er persönlich für passend hielt. Kontrastreiche Rollen prägen das dramatische Werk, für dessen Libretto Martin auf die Evangelien und auf mystische Texte aus den Confessiones des Heiligen Augustinus zurückgriff.

Martins Hauptanliegen bei der musikalischen Umsetzung des Leidenswegs Christi war die musikalische Ausdeutung der Texte. Georg Hage schreibt dazu: Martins «Experimente auf rhythmischem Gebiet sowie die partielle Integration der Zwölftontechnik führten schliesslich zu der für seinen Stil der Reife charakteristischen erweiterten Tonalität, die in Golgotha zur Hervorhebung besonderer Text-Inhalte um Passagen äusserster harmonischer Einfachheit bereichert ist.»

Der Komponist arbeitete drei Jahre an seinem Werk und vollendete es 1948. Die Uraufführung fand 1949 in Genf unter dem Dirigenten Samuel Baud-Bovy statt. Der grosse Erfolg der Uraufführung von Golgotha hat sich gehalten. Das Werk hat seinen unbestrittenen Platz im Standardrepertoire des 20. Jahrhunderts.

Quellen:

Georg Hage, Das Oratorium Golgotha von Frank Martin. Archaisierendes und Modernes in einer Passion des 20. Jahrhunderts. Musica Sacra, Heft 1/2007

Universal Edition, http://www.universaledition.com/

Paulus

Die Uraufführung des Oratoriums Paulus unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy war 1836 das herausragende Ereignis des 17. Niederrheinischen Musikfests. Danach trat das Werk des erst 27-jährigen Komponisten einen unvergleichlichen Siegeszug durch die westliche Welt an und wurde zu einem der populärsten Kirchenwerke seiner Zeit. Robert Schumann bezeichnete es gar als «Juwel der Gegenwart». Es erklang sowohl in London wie in Boston und zwei Jahre nach der Düsseldorfer Premiere waren bereits Aufführungen in mehr als 50 Städten Deutschlands zu verzeichnen. Das Zusammenspiel von barocker Formenstrenge und romantischer Gefühlswärme traf den musikalischen Geschmack des Publikums und fand begeisterten Anklang.

Die Haupthandlung des Oratoriums erzählt drei Ereignisse aus dem Leben von Saulus, einem gebildeten jungen Mann und Verfechter des jüdischen Glaubens, für den die neu aufkommende christliche Gemeinschaft ein Skandal war. Hochdramatisch beginnt das Oratorium mit der Steinigung des Christen Stephanus, bei der Saulus eine führende Rolle spielt. Als Saulus sich danach auf den Weg nach Damaskus macht, begegnet ihm der auferstandene Christus als immense Lichtgestalt. Diese überwältigende Erfahrung wandelt den Christenverfolger Saulus zum Apostel Paulus, der die christliche Botschaft in die Welt hinausträgt. Der zweite Teil des Oratoriums erzählt von den Missionsreisen des Paulus, der aber bald den Zorn der Juden und der Heiden zu spüren bekommt und schliesslich in einer ergreifenden Szene, die seinen nahen Tod ahnen lässt, Abschied nimmt von seiner Gemeinde.

Wie in Bachs Passionen wird der Hauptstrang der Geschichte in Rezitativen erzählt, während Arien, Chorsätze und Choräle die Handlung dramatisieren, ergänzen oder reflektieren. Lyrische Chöre stehen neben schlichten Chorsätzen und kunstvoll komponierten Fugen. Fünf Choräle bilden – ganz nach Bach’schem Vorbild – die reflektierenden Ruhepole des Oratoriums.

Quellen:
Cordula Scobel: Felix Mendelssohn Bartholdy, Paulus. Frankfurter Kantorei

Hans Christoph Worbs: «Fortlaufende Kette von Schönheiten», Mendelssohns Paulus-Oratorium. (Philips-CD-booklet)

 

Johannes Passion

Die Johannes-Passion ist Bachs erstes grosses Werk, das er für Leipzig schrieb, wo er seit 1723 als Thomaskantor tätig war. Die Uraufführung wird auf die Karfreitagsvesper von 1724 datiert. Passionen hatten damals ihren festen Platz im Gottesdienst, während sie heute meist konzertant aufgeführt werden.

Als Vorbild diente Bach die Passionsdichtung «Der für die Sünden der Welt gemarterte und sterbende Jesu» von Barthold Heinrich Brockes. Für seine hochdramatische Komposition verwendete Bach aber vor allem die Passionsgeschichte aus dem Johannesevangelium, die er durch zwei Passagen aus dem Matthäusevangelium ergänzte. Die Geschichte setzt ein mit der Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane, spitzt sich mit dem Verhör durch Pontius Pilatus dramatisch zu, führt schliesslich zur Kreuzigung von Jesus und endet mit dessen Grablegung. In diese Geschichte, die vom Evangelisten (Tenor) erzählt wird, wob Bach Arien und zahlreiche Choräle ein, die das Passionsgeschehen aus Distanz betrachten, es seelisch ausleuchten, reflektieren und interpretieren.

Trotz eines recht kleinen Instrumentariums mit zwei Flöten, zwei Oboen, Fagott, Orgel und Streichern ist die Johannes-Passion subtil und abwechslungsreich instrumentiert. In jeder Arie finden sich neue Klangfarben, die den emotionalen Hintergrund der jeweiligen Aussage verdeutlichen. Die äusserst kunstvollen und dramatischen Chöre schildern plastisch und drastisch die Rolle des Volkes an Prozess und Verurteilung von Jesus.

Quelle: www.klassika.info

 

Werkbeschreibung – Matthäus-Passion, BWV 244

Johann Sebastian Bach feilte während etwa 15 Jahren an seinem grössten geistlichen Werk und hinterliess dessen endgültige Version schliesslich in der handschriftlichen Partitur von 1736. Die Frühfassung, wesentlich kürzer als die uns heute geläufige, wurde wohl schon am Karfreitag 1727 erstmals aufgeführt. Nach Bachs Tod geriet das Werk in Vergessenheit, erlebte 1829 durch die legendäre Aufführung unter Felix Mendelssohn Bartholdy jedoch seine Renaissance.

Inhaltlich verknüpfte Bach in seiner Passion drei verschiedene Textebenen: den biblischen Passionsbericht nach Matthäus, eine Auswahl von Choralsätzen und erbauliche Texte von Picander. Seine «grosse Passion» legte er mit zwei Chören an, die sich oft zu einem einzigen Klangkörper zusammenschliessen, sich aber auch immer wieder dialogisch gegenüberstehen. Szenisch-unmittelbar entfaltet sich so vor Zuhörerinnen und Zuhörern jenes dramatische Geschehen um Jesu Verurteilung, seine Kreuzigung und seinen Tod.

Vielfältige, klanglich sehr unterschiedliche Instrumente begleiten die Arien. Sie untermalen und verstärken die Worte der Solistinnen und Solisten mit ihrem je eigenen emotionalen Ausdruck.

Werkbeschreibung – The Dream of Gerontius (Edward Elgar)

1898 wurde Elgar mit einem grossangelegten Werk für das 1900 stattfindende Birmingham Triennial Music Festival beauftragt und begann im Herbst 1899 mit der Komposition des «Dream of Gerontius». Die Uraufführung fand am 3. Oktober 1900 unter Leitung von Hans Richter in der Birmingham Town Hall statt, wurde aber wegen zu knapper Probezeit zu einem argen Misserfolg. Trotz der unzureichenden Aufführung erkannte jedoch ein Teil der Kritiker die musikalischen Qualitäten des Werks. Julius Buths, Direktor des Niederrheinischen Musikfests, verfertigte eine deutsche Übersetzung und in dieser Form wurde das Werk in Anwesenheit des Komponisten am 19. Dezember 1901 erfolgreich in Düsseldorf aufgeführt. Danach konnte es sich rasch durchsetzen und etablierte sich insbesondere in Grossbritannien dauerhaft im Repertoire (auch wenn es anfangs kritische Stimmen seitens der Church of England gegen Elemente des stark katholisch geprägten Textes gab). Heute gilt es als eines der Hauptwerke Edward Elgars und rangiert im angelsächsischen Raum hinter Händels Messias auf Platz zwei der Beliebtheitsskala. Elgar selbst erachtete «The Dream of Gerontius» als sein bestes Werk und wünschte sich, es möge in die Erinnerung der musikbegeisterten Menschen eingehen.

Das Oratorium basiert auf einem Gedicht des englischen Kardinals John Henry Newman und ist von der katholischen Vorstellungswelt geprägt. Hauptfigur ist der sterbende Gerontius, «ein Mensch wie du und ich», wie Elgar notierte, der nach seinem Tod in die Jenseitswelt eingeht.

Elgar straffte das lange Libretto auf etwa die Hälfte und teilte den Stoff in zwei Teile. Der erste Teil stellt das Diesseits ins Zentrum, wo der alte Gerontius im Sterben liegt. Kurz vor seinem Hinscheiden wird er von Glaubenszweifeln und Todesfurcht ergriffen, stirbt am Ende aber in ruhiger Zuversicht. Der zweite, gut doppelt so lange Teil schildert den Weg, den der Schutzengel – dem antiken Seelenführer gleich – mit Gerontius’ Seele im Jenseits geht.

Elgar, der sich vor allem Wagner und den Spätromantikern verpflichtet fühlte, setzte in «The Dream of Gerontius» Erfahrungen wie Todesangst und Glaubenszweifel, aber auch paradiesische Unbeschwertheit und den überwältigenden Anblick Gottes in eine Musik um, deren leicht wehmütige Schönheit unmittelbar zu berühren vermag.